03.02.2017

Dana Zeisberger

Ein Gespräch über flexible Lebensgestaltung, Kommunikation in der Kunst und unsere Verletzlichkeit

Zu Besuch bei Dana Zeisberger im Gallus. Ihr Atelier liegt in einem Hinterhof unweit der Galluswarte. Türkische Gemüsehändler preisen ihre Ware an, verschleierte Frauen eilen vorbei, die Straßenbahn klingelt. Dana Zeisberger teilt ihr Atelier mit einem Kollegen der aus den unterschiedlichsten Materialien und Fundstücken Lampen baut. Wir sitzen im idyllischen Hinterhof, über uns ein riesiger Feigenbaum.

Dana Zeisberger ist Bildende Künstlerin. Sie hat bei Thomas Bayerle an der Frankfurter Städelschule studiert und arbeitet heute auch als Kunstpädagogin für die Altana Kulturstiftung und die Freie Kunstakademie Frankfurt. Und, vor allem, als Kunsttherapeutin am Universitätsklinikum Marburg auf der Palliativstation und an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, sowie im Hospiz in Marburg und freischaffend in Frankfurt.

Kreativ ist alles was ich mache.

Was verbindet die Künstlerin mit der Pädagogin und der Therapeutin? „Ich arbeite mit Bildern“  sagt Dana Zeisberger. „Auch in der Kunsttherapie. Damit kenne ich mich besonders gut aus.“  Anders als in der freien Kunst steht in der therapeutischen Arbeit allerdings nicht die Ästhetik im Vordergrund. Das musste Dana Zeisberger erst lernen. „Es geht vielmehr um den Ausdruck, und darum, zu verstehen, was darin an Material vorhanden ist, mit dem die Therapeutin dann arbeiten kann. Bilder zeigen Dinge die noch nicht bewußt sind oder die man sonst nicht ausdrücken kann.“  Die eigene künstlerische Erfahrung ist ein großer Vorteil für die Kunsttherapie. Bilder von Anderen lesen, spüren, was in diesen Bildern steckt und im Dialog sprachlich so umsetzen, damit auch der Patient davon profitiert. „In der Kunsttherapie kann ich all das einsetzen was im Laufe meines Lebens ich gelernt habe.“

Das spannende ist, dass man nie weiß was passiert.

Und umgekehrt, welchen Einfluss hat die therapeutische Arbeit auf die eigene Kunst? „Ich reflektiere meine Kunst jetzt anders. Interessanterweise gehe ich mit meiner eigenen Kunst jetzt viel spielerischer um.“  Stimmungen und Atmosphären haben Dana Zeisberger schon immer interessiert. Jetzt experimentiert sie mehr, probiert neues aus, und es geht nicht mehr nur darum, Stimmungen auszudrücken. „Es verändert sich etwas in meiner Kunst, aber ich weiß noch nicht wohin es geht.“

Die Besonderheit der therapeutischen Arbeit bringt es mit sich, dass Dana Zeisberger ihre verschiedenen Arbeitsbereiche nicht zu sehr vermischen kann. In die Therapie sind Dritte involviert – die Therapeutin ist neutral. Deswegen muss sie trennen, sonst kann sie nicht professionell arbeiten. Und so gibt es auch weiterhin zwei Websites, eine für die Kunst und eine für die Kunsttherapie.

Ich verdiene mein Geld mit der Kunsttherapie. Das macht mich frei, nimmt mir aber auch den Motor, mich mit meiner Kunst öffentlich zu präsentieren.

Mit Sandra Mann habe ich darüber gesprochen, dass Künstler (und vor allem Künstlerinnen) Angst haben vor dem Erfolg. Dana Zeisberger fügt dem hinzu, das viele Künstlerinnen und Künstler sich vor dem scheitern fürchten, das scheitern vermeiden wollen und deswegen ihr Spektrum nicht ausreizen. „Wirklich erfolgreiche Menschen sind oft gescheitert, haben aber dennoch weiter gemacht und das Risiko (erneut zu scheitern) auf sich genommen.“

Was bedeutet Erfolg? „Erfolgreich bin ich, wenn es mir gelingt, das auszudrücken was ich ausdrücken will.“  Auch die Kommunikation über die eigene Arbeit und diese dann sichtbar zu machen sind wichtig. Anerkennung - nicht elementar. Geld – daran scheitert es meistens. Die Kreativität das eigene Leben zu gestalten ist auch in diesem Gespräch ein Thema. Einen Beruf gefunden zu haben, der den Lebensunterhalt sichert, aber dennoch mit der eigenen künstlerischen Arbeit verbunden bleibt. „Etwas gefunden zu haben, das zu mir passt – das bedeutet für mich persönlich Erfolg. Das ist eine der großen Freiheiten. Dass ich etwas tue was ich gerne tue und nicht für Geld etwas ganz anderes tun muss.“

In der Kunsttherapie, im Unterricht aber auch in der eigenen künstlerischen Arbeit geht es Dana Zeisberger immer darum in Kommunikation zu treten mit dem Gegenüber. Darum, Impulse aufzunehmen, von dem Anderen zu lernen, etwas Neues entstehen zu lassen. „Mich interessieren diese dritten Räume“  sagt Dana Zeisberger „auch in der Kunst. Die Interaktion, das gemeinsame Gestalten, die Offenheit.“  Dass die Dinge immer so offen sind – auch das ist spezifisch für die Arbeit im Kulturbetrieb.

Die Kunst spielt eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft.

Davon ist Dana Zeisberger überzeugt. „Denn Künstler sind sehr gut darin aktuelle Themen zu erspüren und diese in einer relativ freien Form zu interpretieren.“  Unsere Lebenswege werden immer flexibler, und Künstlerinnen und Künstler sind auch hier Vorreiter. Im Sinne kreativer Lebensgestaltung. Sich immer neu zu erfinden, damit zu hadern, nicht zu wissen wie es weiter geht. Künstlerinnen und Künstler sind Vorbilder darin, sich dem Risiko zu stellen, aufzuzeigen, dass es die Sicherheit die alle so vermeintlich suchen gar nicht gibt. Darin ist Freiheit und Lebendigkeit verborgen – aber auch Verletzlichkeit.

www.kunsttherapie-danazeisberger.de

www.danazeisberger.de

Update 2022
Dana Zeisberger arbeitet weiter als Künstlerin und als Kunstherapeutin. Ihr Atelier im Gallus musste sie leider aufgeben – es ist der Gentrifizierung zum Opfer gefallen. Aber nach Marburg pendeln muss sie nicht mehr: Seit August 2019 leitet Dana Zeisberger die Kunsttherapie in den Hochtaunus-Kliniken und arbeitet in den Vitoskliniken in der Psychosomatik als Kunsttherapeutin, beides in Bad Homburg.

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